Ulrich Kavka 2008

Eröffnungsrede
„Tino Bittner – Objekte und Malerei“
2008 / Auszug

…Nach dem landläufigen Verständnis ist Tino Bittner noch ein so genannter junger Künstler. Manche mögen solche Alterseinstufung auch mit Anfängertum gleichsetzen und verkennen oder vergessen, dass sich der künstlerische Stellenwert nicht konform mit der Lebenslinie des Älterwerdens entwickelt. Nein, ein Anfänger ist der Künstler schon längst nicht mehr, aber ein Suchender! Das vor allem hängt mit der Komplexität seines Arbeitsprogramms zusammen, das man im Allgemeinen als konzeptuell charakterisieren kann. Nach der historischen Herkunft ist der Konzeptualismus eine Anschauung der Scholastik, in deren Einfluss auch die mittelalterliche Frühzeit europäischer Universitäten liegt. Nach den philosophischen Vorstellungen existieren die Allgemeinbegriffe nicht unabhängig von den Einzeldingen, sind aber selbstständige Bewusstseinsgebilde. Eingefühlt in die Perspektiven, Seh- und Aufnahmeweisen von Tino Bittner, ist es gewiss nicht falsch, ihm eine seismografische Ortung von umfassendem urbanen Leben zu beglaubigen. Das Finden von sinnfälligen Bezugspunkten und das herausbilden von entsprechenden Formzusammenhängen, genre- und kunstübergreifend gespeist, charakterisiert sein künstlerisches Programm noch am ehesten.
Bittner ist ein Stadtgänger, ein genauer Beobachter, mit der Fähigkeit Gleichnisse zu erfinden, die seinen Themen gerecht werden müssen und nicht der artifiziellen Ausformung eines Personalstils. So sind auch seine Werktitel für ihn Bedeutungsträger: RÜCKZUG – Soldaten in bezeichnender körperlich-gestischer Positur, als solche medial massenhaft bekannt, aber ohne Waffen, statt dessen vom Künstler bestückt mit wichtigen und weniger wichtigen Utensilien, allesamt mit ausschließlich friedfertigem Verwendungszweck.

Tino Bittner ist natürlich kein Bohemien. Das ein wenig herabwürdigende Signum hat seinen Ursprung im 19. Jahrhundert. Heute redet man von der Szene. Auch seiner Qualifikation, seiner Begabung, seiner Vielseitigkeit, seiner Neugier und seiner charaktervollen künstlerischen Begabung wegen ist der Künstler auch außerhalb seiner Generation eine auffällige progressive Erscheinung.


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